Foot-in-the-door oder door-in-the-face: Taktiken zur Überredung
Foot-in-the-door Technik oder door-in-the-face: Taktiken zur Überredung
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Wir schließen eine Wette mit Ihnen: Stellen Sie sich eine Person aus Ihrem Bekanntenkreis vor – in diesem Beispiel nennen wir Ihren Bekannten Paul. Sie werden Paul dazu überreden, Ihnen am kommenden Wochenende eine Stunde lang bei Ihrem Umzug zu helfen – selbst, wenn Paul wenig Lust dazu hat.

Wie das gehen soll? – Zwei einfache Techniken: Die Foot-in-the-door-Technik und die door-in-the-face-Technik.

1. Die Foot-in-the-door-Technik

Die erste Strategie, die Foot-in-the-door-Technik, ist folgende: Die Stunde, die Paul Möbel schleppen soll, erwähnen Sie anfangs noch gar nicht. Stattdessen bitten Sie Ihr Gegenüber um einen ganz kleinen, harmlosen Gefallen. Egal was, nur irgendwie in Verbindung mit Ihrem Umzug sollte es stehen. Fragen Sie Paul beispielsweise, wo man gut Möbel einkaufen kann. Oder bitten Sie ihn, Ihnen einen Rat zu den verschiedenen Einrichtungsstilen zu geben. Dieser kleinen Aufgabe wird Ihr Bekannter gerne nachgehen. Sobald er damit fertig ist, nutzen Sie die Gunst der Stunde und bitten um Hilfe beim Umzug. Die Wahrscheinlichkeit, dass Paul Ihnen zusagt, ist jetzt deutlich höher. Warum?

Ganz einfach: Paul ist bereits in Ihren Umzug eingebunden. Er fühlt sich schon ein bisschen verantwortlich. Wie jeder Mensch, hat auch Paul das Bedürfnis, sich konsistent, also widerspruchsfrei, zu verhalten. Um konsistent zu wirken, wird er Ihnen auch weiterhin helfen.

Die Wirkung der Foot-in-the-door-Technik bestätigt auch die psychologische Wissenschaft

Die erste von vielen Studien stammt von Freedman und Fraser (1966). Das Psychologen-Team befragte amerikanische Hausfrauen per Telefon darüber, welche Putzmittel sie im Haushalt verwendeten. In einem zweiten Anruf baten die Forscher die Hausfrauen darum, Untersuchungen vor Ort in der Wohnung der Frauen durchführen zu dürfen. Obwohl sie die Männer am Telefon nicht kannten, waren einige Hausfrauen bereit, die Forscher in ihre Wohnung zu lassen. Deutlich weniger Frauen ließen sich auf den Besuch der Wissenschaftler ein, wenn sie nicht zuvor bezüglich ihrer Reinigungsmittel befragt worden waren.

In diesem Beispiel der Foot-in-the-door-Technik aus der Studie ist es also der erste Anruf und die harmlose Frage nach dem Putzmittel-Bestand, die die Wahrscheinlichkeit drastisch erhöhen, dass der zweite viel größere Gefallen Gehör findet.

Die Foot-in-the-door-Technik begegnet uns im Alltag sehr häufig

Sie unterschreiben eine Petition für Tierschutz. Mit höherer Wahrscheinlichkeit sind Sie daraufhin auch bereit, etwas zu spenden. Sie entscheiden sich für das Probe-Abo einer Zeitung. Die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass Sie die Zeitung auch weiterhin abonnieren. Und es gibt unzählige Beispiele mehr zu Foot-in-the-door-Techniken im Alltag!

Die Devise lautet folglich: Seien Sie achtsam, wann immer Sie zu kleinen Verpflichtungen überredet werden. Es könnte mehr dahinterstecken!

Hinweis: Möchtest Du mehr über verschiedene Manipulationstechniken erfahren, dann schaue Dir die Video-Lektion „Schwarze Rhetorik: Der Above-average-Effekt“ aus dem Online-Kurs „Schwarze Rhetorik: Manipulation durch Sprache“ an:

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2. Die Door-in-the-face-Technik

Die Technik „Door-in-the-face“ funktioniert genau anders herum: Sie überwältigen Ihr Gegenüber mit Ihrer Anfrage. Sie bitten Paul um einen Gefallen, der deutlich größer ist, als das, was Sie tatsächlich von ihm erwarten. Sie fragen – ganz ungeniert:

Könntest du mir vielleicht am Freitag und Samstag bei meinem Umzug zu Hand gehen?

Wichtig dabei: Sie wollen eigentlich nur eine Stunde Hilfe. Die Forderung, zwei ganze Tage lang auszuhelfen, ist deutlich übertrieben. Und das ist gut so. Es ist zu erwarten, dass Paul Ihnen Ihren Gefallen nicht erfüllt. Es wird Ihre Anfrage verneinen. Aber genau das ist der Plan! Sie akzeptieren die Absage und bitten Paul gleichzeitig um einen deutlich kleineren Gefallen:

Kannst du mir dann nicht wenigstens eine Stunde lang helfen?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Bekannter zusagt, ist jetzt deutlich höher! Warum?

Na, zum einen hat er ein schlechtes Gewissen. Er hat ja schon einmal abgesagt. Gleichzeitig bemerkt er, dass Sie bereits nachgegeben haben. Für Paul hat es den Anschein, als wären Sie ihm schon entgegengekommen. Dafür ist er Ihnen dankbar. Und damit ist jetzt erstmal er am Zug: Paul wird sich revanchieren wollen.

Im Vergleich zu zwei ganzen Tagen Arbeit, wirkt eine Stunde seiner Hilfe, um die Sie ihn im zweiten Anlauf bitten, letztendlich auch viel kürzer und einfacher. Keine große Sache, denkt Paul.

Auch die psychologische Wissenschaft bestätigt die Wirkung der Door-in-the-Face-Technik

Eine klassische Studie zu diesem Effekt stammt von R.B. Cialdini. In seinem Versuch bat er eine Gruppe von Personen, einmalig mit Jugendlichen in den Zoo zu gehen. Einen Teil der Gruppe hatte er zuvor dazu aufgefordert, für 2 Jahre wöchentlich 2 Stunden in einer Tagesstätte auszuhelfen. Natürlich hatte jeder Gefragte diese unbezahlte Tätigkeit abgelehnt. Dennoch: Aus dieser Gruppe erklärten sich dreimal mehr Personen bereit, mit den Jugendlichen in den Zoo zu gehen, als aus der unbeeinflussten Gruppe.

Die Door-in-the-Face-Technik spielt eine wichtige Rolle in Verhandlungssituationen

Trauen Sie sich ruhig einmal als Käufer in einer Verhandlung einen Kaufpreis zu nennen, der deutlich unter dem liegt, was Sie erwarten würden oder zu zahlen bereit wären. Vermutlich wird der Verkäufer sich nicht darauf einlassen. Verpassen Sie nach dessen Absage nicht Ihre Chance, einen Kaufpreis zu nennen, der realistischer, aber immer noch sehr günstig ist. Ihre Chancen stehen gut, dass sich Ihr Verhandlungspartner darauf einlässt.

Hinweis: Dies ist ein Beispiel zur Anker-Falle (engl. anchoring effect), die Sie sich in folgender Video-Lektion aus dem vollständigen Online-Kurs „Schwarze Rhetorik: Manipulation durch Sprache“ an:

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Was lernen Sie daraus? Wenn Sie anderen Menschen einen Gefallen ausschlagen, heißt das noch lange nicht, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben müssen. Sie stehen in niemandes Schuld! Seien Sie achtsam, wenn Sie um einen Gefallen gebeten werden. Wägen Sie jede Bitte, die an Sie gestellt wird, einzeln für sich ab – objektiv und unvoreingenommen. Fragen Sie sich: Was hätte ich gestern darüber gedacht? Was würde ich morgen antworten?

Selbst wenn Sie diese beiden Techniken – Foot-in-the door und Door-in-the-face – meisterhaft anwenden, können Sie nicht alles bei Ihren Mitmenschen erreichen. Nichtdestotrotz werden die Techniken in manchen Situationen sehr hilfreich sein. Vor Allem aber schadet es nicht, die Techniken zu kennen, um selbst zu bemerken: Aha, hier werde ich zu etwas überredet!

Natürlich sind die Foot-in-the-Door-Technik und Door-in-the Face-Technik nur zwei von vielen Methoden, mit denen andere Menschen tagtäglich versuchen, Sie zu manipulieren. Die 44 meist-verwendeten Manipulationstechniken zeigen wir Ihnen in unserem Online-KursSchwarze Rhetorik: Manipulation durch Sprache“ mit bereits mehr als 16.500 eingeschriebenen Teilnehmern. Viel Spaß beim Entlarven von Manipulationen!

Autor: Johannes Stark

Weisse Rhetorik | Argumentorik
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Über den Autor

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Kommunikations-Experte, TOP-Speaker in Europa, mehrfacher SPIEGEL-Bestseller Autor und gefragter Business Coach.

Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere.