Rhetorik – die Kunst zu gefallen: Wie Sie reden müssen, damit das Publikum Ihnen zuhört

Viele Menschen halten Präsentationen und Vorträge. Doch nicht viele sind wirklich gut darin. Das liegt nicht unbedingt daran, dass sie keine Ausbildung im Fach Rhetorik hatten. Und auch nicht am weit verbreiteten Lampenfieber.

Der Hauptgrund, dass viele Präsentationen daneben gehen, ist, dass die Redner selbst-fokussiert sind und nicht publikums-fokussiert reden. In diesem Artikel erklärt Wladislaw Jachtchenko von der Argumentorik-Akademie, wie Sie so reden, dass das Publikum Ihnen gerne zuhört.

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Wichtiger Rhetorik-Tipp: Finde den „Common Ground“

Gerade wenn man dem Publikum eine neue Idee verkaufen möchte, ist es wichtig, nicht gleich „mit der Tür ins Haus“ zu fallen. Viele Redner machen den Fehler, gleich umstrittene oder zumindest unbekannte Konzepte zu erläutern, bevor sie den „Common Ground“ etabliert haben.

Was ist nun dieser „Common Ground“? Das ist, etwas frei übersetzt, das gemeinsame Fundament zwischen Redner und Zuhörer. Das heißt, der Redner spricht zunächst über die Dinge bzw. Ziele bzw. Werte, die er mit dem Publikum teilt. Auf diese Weise denken die Zuhörer: „Aha. Der Redner denkt ja ganz ähnlich wie ich. Mal schauen, was er des Weiteren zu sagen hat.“

Die Bereitschaft, einem Redner zuzuhören, der die eigenen Werte/Ziele teilt, ist in der Regel viel größer als bei jemandem, der gleich etwas komplett Neues etablieren will. Denn wenn der Redner gleich mit seiner innovativen Idee beginnt, dann denken viele Zuhörer: „Was ist denn das? Also ich sehe das ganz anders als der Vortragende. Ich würde beim Status Quo bleiben und glaube nicht, dass diese neue Idee eine gute Sache ist.“

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Beispiel für einen „Common Ground“

Der Rede-Profi wird also in den ersten paar Minuten den „Common Ground“ suchen und finden. Also zum Beispiel wenn er eine neue Marketing-Idee hat, die besser sein soll, als der aktuelle Marketing-Plan, dann wird er nicht sagen, dass der alte Marketing-Plan Schrott ist. Denn möglichweise finden den andere Mitarbeiter gar nicht so schlecht. Zudem wurde der alte Marketing-Plan von vielen Mitarbeitern unterstützt – sonst würde er ja nicht in der Vergangenheit vom Team und den Führungskräften ausgewählt worden sein.

Der Rede-Profi wird also über den alten Marketing-Plan sagen müssen, dass er ganz gut ist und dass die Firma damit ganz gut gefahren ist – und anschließend ein paar Zahlen/Daten/Fakten zum alten Plan aufzeigen.

Und danach, ganz vorsichtig, wird er in etwa sagen: „Nach gründlicher Überlegung ist mir ein Weg eingefallen, wie wir unser Marketing etwas verbessern können – und das würde ich Ihnen gerne in den nächsten Minuten vorstellen“.

Zu beachten ist das Wort „etwas“. Der Profi-Redner wird nicht sagen, dass seine Idee viel besser ist, als die alte Idee. Das würde bei vielen Zuhörern als arrogant klingen – und das mögen die wenigsten Zuhörer. Sondern der Profi-Redner wird ganz bescheiden sein – selbst wenn er der festen Überzeugung ist, dass sein neuer Marketing-Plan 10 Mal besser ist als der alte.

Das hier behandelte Beispiel von der neuen Marketing-Idee lässt sich natürlich auf alle anderen Themen und Berufsfelder übertragen: Immer muss man vom „Common Ground“ ausgehen – und dann ganz langsam und vorsichtig davon abdriften.

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Wie man den „Common Ground“ findet

Und jetzt ist natürlich die Frage: Wie finde ich als Redner diesen „Common Ground“? Woher weiß ich, was meine Zuhörer denken und glauben?

Die Antwort ist ganz einfach: Man muss sein Publikum vorher – also ein paar Tage/Wochen vor der eigenen Präsentation befragen. Also konkret: Zu jedem einzelnen (relevanten) Kollegen gehen und nachfragen, was er über Thema X denkt. Und wenn man dann genug Meinungen gesammelt hat, dann weiß man wie die Mehrheit tickt. Und im Idealfall hat man tatsächlich alle Kollegen gefragt – und ist über alle Zuhörer gut informiert.

Diese Vorgehensweise ist natürlich nur bei unternehmensinternen Meetings/Vorträgen möglich. Was aber tun, wenn man extern, also vor unbekanntem Publikum, eine Rede halten muss?

Nun, das ist ein bisschen schwieriger. Im Fall, dass man die Namen der Zuhörer hat, kann man eine kleine Recherche bei Xing/LinkedIn/Google machen über seine Zuhörer. Denn deren Ausbildung/Beruf/Arbeitserfahrung gibt bereits viele Informationen darüber, wie jemand wahrscheinlich „tickt“.

Der allerschwerste Fall ist, dass man vorher überhaupt keine Informationen über seine Zuhörer hat. Dann muss der Redner den „Common Ground“ dort suchen, wo wohl die Mehrheit der Menschen zustimmen würde. Beispiel: Ich rede über das Thema „Newsletter“ – und ich habe keine Ahnung, wer mir zuhört. Aber ich weiß, was die meisten über Newsletter denken: a) Ich bekomme zu viele Newsletter b) Manchmal kann ich mich nur mit Mühe und Not vom Newsletter-System abmelden; c) Manchmal bekomme ich Newsletter, obwohl ich mich gar nicht angemeldet habe.

Alle 3 Dinge treffen zwar nicht auf alle Zuhörer zu – aber auf die Meisten. Und daher sollte ich – egal welche These ich nachher zum Thema Newsletter vertrete – mit diesen allgemeinen Ideen anfangen und so gleich am Anfang der Rede Verständnis und Zustimmung ernten.

„Common Ground“ hilft natürlich auch bei Verhandlungen. Wenn Sie  besser verhandeln möchten, empfehlen wir unseren Online-Kurs „Erfolgreich verhandeln.

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Autor: Wladislaw Jachtchenko


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Sebastian Loos | SL Copywriting

Über den Autor

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Kommunikations-Experte, TOP-Speaker in Europa, mehrfacher SPIEGEL-Bestseller Autor und gefragter Business Coach.

Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere.